Die Hochvoltsicherheit des Mercedes EQE

Zur Vermeidung von Stromschlägen und hochenergetischen Kurzschlüssen hat Mercedes-Benz ein mehrstufiges Hochvolt-Sicherheitskonzept entwickelt, das sieben wesentliche Elemente umfasst. Teil des Hochvolt-Systems sind neben der Batterie alle Komponenten mit einer Spannungslage höher als 48 Volt. Das Schutzkonzept bietet im Fahrbetrieb sowie während und nach einem Crash ein hohes Maß an Sicherheit.

  • Separate Plus- und Minusleitungen
    Ein herkömmliches 12-V-Bordnetz nutzt die Fahrzeugkarosserie als Minuspol („Masse“). Das Hochvolt-System dagegen ist vollständig zur Fahrzeugstruktur hin isoliert: Alle HV-Komponenten sind sowohl mit einer Plus- als auch einer Minusleitung miteinander verbunden. Die HV-Leitungen sind an ihrer orangen Ummantelung zu erkennen. Selbst wenn es zu einer Beschädigung kommen sollte, besteht keine Gefahr eines Stromschlags oder Kurzschlusses, da auch in diesem Fall kein geschlossener Stromkreis entsteht.
  • Selbstüberwachendes HV-System
    Das komplette HV-System, insbesondere die Batterie, überwacht sich permanent selbst. Durch kontinuierliche Temperatur-, Isolierungs- und Kurzschlussmessungen werden Fehlerströme frühzeitig erkannt und angezeigt. Ein sogenannter Interlockschaltkreis integriert alle HV-Komponenten und überwacht, ob alle Bauteile korrekt verbunden sind. Fehler im System werden angezeigt und im Zweifelsfall kann das HV-System nicht gestartet werden oder es wird sogar automatisch abgeschaltet.

  • Schutzzonen
    Auf Basis der über 50-jährigen Unfallforschung von Mercedes-Benz mit Tausenden von untersuchten Unfällen wurde ein Schutzzonenkonzept speziell für Elektrofahrzeuge entwickelt. Dabei wird das Fahrzeug in drei Bereiche eingeteilt.
      1. Außenzone: Bei Bagatellschäden wird das HV-System meist nicht betroffen und muss dann auch nicht automatisch abgeschaltet werden. Denn Hochvolt-Komponenten sind entweder außerhalb des von solchen geringfügigen Schäden betroffenen Bereichs untergebracht oder durch zusätzliche Maßnahmen (siehe 4. Eigenstabilität) abgesichert.
      2. Innenzone: Ist das Fahrzeug von stärkeren Unfallschäden betroffen, wird das HV-System automatisch abgeschaltet (siehe auch Punkt 6): Bei dieser Unfallschwere werden in der Regel die Airbags ausgelöst. Je nach Unfallschwere und Beschädigungsgrad wird das HV-System reversibel oder irreversibel abgeschaltet. Der Kunde kann es also entweder selbst wieder zuschalten, oder eine Aktivierung ist erst nach dem Austausch von Teilen wieder möglich.
      3. Kernzone: Im dritten Fahrzeugbereich treten bei Crashversuchen üblicherweise keine oder geringe Deformationen auf. Dieser Schutzbereich bietet sich z.B. für die Unterbringung der HV-Batterie und besonders sensibler Komponenten an.
  • Eigenstabilität
    Bei HV-Komponenten in den äußeren Deformationsbereichen tragen besonders stabile Gehäuse dazu bei, die Komponenten zu schützen. Alternativ kann neben der Eigenstabilität das Schutzniveau beispielsweise durch konstruktive Abgleitflächen oder Schutzbleche weiter erhöht werden. Bei der Fahrzeugentwicklung werden dafür aus den Crashsimulationen und Crashversuchen Beschädigungsmuster und Belastungshöhe abgeleitet. Betroffene HV-Bauteile müssen auch nach dem Crash gegen Berührung geschützt sein. Besonders hoch sind Anforderungen an die mechanische Eigensicherheit der HV-Batterien. Hier werden neben den standardmäßigen Crashversuchen auch weitere Lastfälle herangezogen, um das Realunfallgeschehen noch weiter abzudecken.
  • Hochvolt-Leitungsschutz
    Alle HV-Komponenten sind mit HV-Leitungen miteinander verbunden. HV-Kabel sind flexible Leitungen, die teilweise auch innerhalb von Strukturbereichen verlegt sein können. Obwohl es sich dabei in der Regel ohnehin um zwei getrennte Leitungen handelt, werden diese an besonders sensiblen Stellen zusätzlich ummantelt, um bei Quetschungen einen Isolierungsverlust zu verhindern.
  • Automatische Crashabschaltung des HV-Systems
    Sobald bei einem Aufprall eine bestimmte Unfallschwere erkannt wird, wird das HV-System abgeschaltet. Dabei werden in der HV-Batterie Relais geöffnet, die eine weitere Stromzufuhr in das HV-System unterbinden. Komponenten, die an die Batterie angeschlossen sind, werden in wenigen Sekunden so entladen, dass nur noch ein unkritisches Spannungsniveau anliegt.

    Bei leichteren Unfällen findet eine reversible Abschaltung prophylaktisch nur durch eine einfache Abschaltsignalisierung statt. Wenn der Fahrer das Fahrzeug neu zu starten versucht, läuft vor dem Wiederzuschalten automatisch eine Isolierungssprüfung ab. Wird dabei kein Isolierungsfehler erkannt, wird ein Wiederzuschalten erlaubt. Bei schweren Unfällen, wonach eine Weiterfahrt üblicherweise ohnehin nicht möglich ist, wird das HV-System durch das Zünden einer Pyrofuse irreversibel abgeschaltet. Das Fahrzeug kann dann nicht mehr gestartet werden.
    Ein besonderes Highlight ist die „Standcrasherkennung“: Der EQE kann auch im ausgeschalteten Zustand während des Ladens einen schweren Aufprall erkennen und den Ladevorgang zügig unterbrechen. Dadurch wird ein besonders hohes Schutzniveau des Hochvolt-Systems erreicht.
  • Manuelle Abschaltmöglichkeit für die Rettungskräfte
    Für Rettungskräfte verfügen die Fahrzeuge über zusätzliche Abschaltmöglichkeiten des HV-Systems, die sogenannten Rettungstrennstellen. Die Einbauorte sind in den Rettungsdatenblättern vermerkt. Auch zum Beispiel fürs Abschleppen ist ein manuelles Abschalten sinnvoll, wenn das Fahrzeug nur gering beschädigt und nicht eindeutig feststellbar ist, ob eine automatische Crashabschaltung stattgefunden hat.

Schutz gegen Wasser

Beim EQE sind alle HV-Komponenten mit der Schutzklasse IP 6K9K abgesichert. Diese Schutzklasse bedeutet, dass die Komponenten völlig dicht gegen Staub sowie geschützt gegen Wasser bei einer Reinigung mit Hochdruck-/Dampfstrahlern sind.

Zum Schutz der HV-Komponenten gegen eindringendes Wasser tragen spezielle Abdichtungen bei. Bei Hochwassersituationen werden die Bauteile unter Umständen durch entsprechende Überstromschutzmaßnahmen, wie z.B. Sicherungen, abgeschaltet. Eine elektrische Gefährdung kann ausgeschlossen werden, da die HV-Spannungen trotz eindringendem Wasser für den Nutzer nicht zugänglich werden und das HV-System unmittelbar deaktiviert wird.

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