Kläger ziehen Thermofenster BGH-Klagen gegen Daimler zurück

BGH-Verhandlung zu Diesel-Schadensersatzklage wegen eines sog. „Thermofensters“ findet erneut nicht statt

Autohersteller aus Wolfsburg und Ingolstadt haben in zahlreichen Diesel 4-Zylinder und 6-Zylinder Motoren illegale Abschalteinrichtungen verbaut. Diese erkannten den Prüfstand und führten auf dem Prüfstand zu sauberem Abgas. Auf der Straße, wenn bspw. die Lenkung in regelmäßigem Gebrauch war wurden Teile der Abgasnachbehandlung deaktiviert.

Im der Zeitepoche der Abgasnorm EU5 war die CO2-Thematik deutlich präsenter. D.h. die Motoren wurden zu einem magereren Gemisch (wenig Verbrauch, wenig CO2) optimiert und dabei lag der Fokus nicht bei einer Motoreneinstellung die zu einer optimalen Verbrennung aus dem NOX Gesichtspunkt führte. Ungünstige Betriebszustände bspw. nach einem Kaltstart des Motors wurden mit dem sogenannten Thermofenster gelöst. D.h. AGR Ventile wurden dadurch vor dem Defekt geschützt indem in gewissen Bereichen die Abgassysteme noch nicht vollumfänglich aktiv waren. Diese Einstellungen waren den Behörden eigentlich bekannt.

Im Rahmen der öffentlichen Diskussion bzgl. der illegalen Abschalteinrichtungen von gewissen Herstellern wurde dies jedoch nicht differenziert betrachtet und das Thermofenster wurde mit dieser illegalen Abschalteinrichtung gleichgestellt. Dies ermutigte zahlreiche Kunden gegen Daimler zu klagen.

Daimler gibt nun einen aktuellen Zwischenstand zu dem Stand bei Gericht.

  • BGH-Verhandlung zu Diesel-Schadensersatzklage wegen eines sog. „Thermofensters“ findet erneut nicht statt
  • Kläger hat Revision gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz zurückgenommen
  • Daimler hat in dieser Sache keinen Vergleich geschlossen oder anderweitig auf die Rücknahme der Revision hingewirkt
  • In den Vorinstanzen hatten das Oberlandesgericht Koblenz wie zuvor schon das Landgericht Trier die Rechtsposition des Unternehmens bestätigt und die Klage abgewiesen
  • Daimler hätte eine Klärung durch den BGH begrüßt
  • BGH-Entscheidung hätte für mehrere Tausend vergleichbare Fälle in Deutschland Relevanz haben können

Der für den 14. Dezember 2020 angesetzte Verhandlungstermin vor dem VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) zu Schadensersatzansprüchen eines Käufers eines gebrauchten Mercedes-Benz Diesel-Pkw wegen einer temperaturabhängigen Steuerung der Abgasrückführung (sog. „Thermofenster“) findet nicht statt: Der Kläger hat die Revision zurückgenommen. Daimler hat in dieser Sache keinen Vergleich geschlossen oder anderweitig auf die Rücknahme der Revision hingewirkt.

In den Vorinstanzen hatten das Landgericht Trier und das Oberlandesgericht Koblenz zu Gunsten von Daimler entschieden: Die Frage, ob ein sog. Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt, konnten die Gerichte dabei offenlassen. Denn selbst wenn ein Thermofenster im Fahrzeug des Klägers in seiner technischen Ausgestaltung als unzulässig anzusehen wäre, führt dies nicht dazu, dass von einem Sittenverstoß auf Seiten des Unternehmens auszugehen ist. Schon deswegen gibt es keine Grundlage für eine Haftung von Daimler wegen einer möglichen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung gemäß § 826 BGB.

2. Klage vor dem BGH wurde durch den Kunden zurückgezogen

Mit der Rücknahme der Revision ist die Entscheidung zugunsten der Daimler AG rechtskräftig. Das Unternehmen hätte es dennoch begrüßt, wenn der BGH diese Frage höchstrichterlich geklärt hätte. Auch wenn Klagen individuell bewertet werden müssen, hätte eine BGH-Entscheidung in der Sache für mehrere Tausend vergleichbare Fälle in Deutschland Relevanz haben können.

Bereits im Oktober 2020 wurde ein Verhandlungstermin vor dem BGH in Sachen Diesel abgesagt, nachdem auch hier der Kläger die Revision zurückgenommen hatte . Auch damals hatte sich Daimler nicht verglichen oder anderweitig auf eine Rücknahme der Revision hingewirkt.

Zugrundeliegender Sachverhalt

Der Kläger, der die Revision vor dem BGH nun zurückgenommen hat, hatte im Februar 2016 von einem Vertragshändler der Daimler AG einen gebrauchten Mercedes-Benz E 350 CDI der Abgasnorm Euro 5 mit dem Diesel-Motor OM 642 erworben. Die Emissionskontrolle für Stickoxide (NOx) erfolgt hier über die Abgasrückführung. Dabei wird ein Teil der Abgase wieder der Verbrennung im Motor zugeführt und dadurch die Stickoxidemissionen reduziert. Die Menge der zurückgeführten Abgase wird dabei unter anderem temperaturabhängig gesteuert (sog. „Thermofenster“). Für das Fahrzeug liegt kein Rückrufbescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) wegen des Vorwurfs einer unzulässigen Abschalteinrichtung vor.

Weitere Informationen zu Diesel-Kundenklagen gegen Daimler in Deutschland

Gegen Daimler ist in Deutschland derzeit eine niedrige fünfstellige Anzahl von Schadensersatzklagen in Sachen Diesel anhängig. Daimler hält die geltend gemachten Ansprüche für unbegründet und setzt sich dagegen zur Wehr. Die Bilanz der bisher vor Gericht verhandelten Klagen ist dabei mit ganz überwiegender Mehrheit positiv für Daimler: Demnach haben die Land- und Oberlandesgerichte bisher in rund 95 Prozent der Fälle zu Gunsten des Unternehmens entschieden. Auf der Ebene der Landgerichte gibt es über 4.500 Entscheidungen zu Gunsten des Unternehmens, in weniger als 250 Fällen wurde gegen das Unternehmen entschieden. Die Oberlandesgerichte haben in mittlerweile über 200 Entscheidungen zu Gunsten von Daimler entschieden, bei nur zwei Entscheidungen gegen das Unternehmen (Zahlen Stand Anfang Dezember 2020). Diese Erfolgsbilanz verändert sich auch nicht wesentlich, wenn gerichtliche oder außergerichtliche Vergleiche berücksichtigt werden.

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