Die Lieferketten sind wieder in Takt, doch die Kunden kaufen nicht
Von Januar bis Mai haben allein die deutschen Hersteller eine halbe Millionen Fahrzeuge weniger produziert als im Vor-Corona Jahr 2019. Dabei handelt es sich um einen Rückgang von rund 20%.
Im Zeitraum 2020 bis 2022 störten die Corona-Lockdowns die Lieferketten. Es gab keine Halbleiter. Dann kam der Angriffskrieg auf die Ukraine und die Kabelbäume für die Fahrzeuge wurden knapp.
Die Hersteller strichen die Rabatte, erhöhten die Leasingraten. Die wenigen Autos konnten Dank einer Übernachfrage (im Vergleich zur extrem niedrigen Produktion).
Nun steigt die Automobilproduktion, aber die Hersteller verlangen weiterhin die hohen Preise ohne relevante Rabatte anzubieten. Die Produktion ist daher nun oft nicht ausgelastet.
Die aktuellen Neuzulassungszahlen vom KBA spiegeln die derzeit desolate Lage bei allen deutschen Autoherstellern nicht wieder. Sie zehren noch vom hohen Auftragsbestand. Einige Hersteller reduzieren aktuell schon die Produktion um nicht im 4. Quartal 2023 komplett leer zu laufen.
VW Markenchef sagte kürzlich in einer internen Videokonferenz gegenüber den VW Führungskräften: „Die Zukunft der Marke VW steht auf dem Spiel“. Im Hauptproduktionswerk für den MEB in Zwickau (ID3, ID4, ID5, Cupra Born und Audi Q4 etron) soll die dritte Schicht auf einer der beiden Linien gestoppt werden.
Es sind aber auch die Premiumhersteller betroffen. BMW liegt rund 10% hinter dem Vor-Corona Niveau zurück.
Bei Mercedes ist der Unterschied noch deutlicher.
Im Zeitraum Januar bis Mai 2019 hat Mercedes 627.000 Fahrzeuge produziert (davon 484.000 in den deutschen Werken Bremen, Rastatt, Sindelfingen). Im selben Zeitraum 2023 waren es nur 434.000 (minus 31 %). Davon wurden in den deutschen Werken nur noch 343.000 Fahrzeuge gebaut (minus 21%).
Ursache davon ist zudem auch die von Ola Källenius ausgerufene Luxus-Strategie. Hier wurden durch zahlreiche Preiserhöhungen und die neu eingeführte Paketlogik die Durchschnittspreise deutlich höher angehoben als die Inflationsrate hoch ist.
Zudem können die Plug-in-Hybrid und Elektromodelle den starken Rückgang der Verbrenner nicht kompensieren.
Bei Mercedes sind die Verbrenner gegenüber 2019 um 182.000 (minus 48%) zurückgegangen. Die Plug-in-Hybrid Modelle sind um rund 35.000 und die E-Autos um rund 33.000 Einheiten gewachsen.
Bei den anderen Herstellern sieht das Bild ähnlich aus. VW bekommt zudem Druck von chinesischen Marken wie MG. Hier wird nun erstmals überlegt, ob man die VW ID Modelle nicht günstiger machen sollte.
Aktuelle kaufen viele gewerbliche Kunden E-Autos. Am 01.09.2023 entfällt die Prämie jedoch für gewerbliche Nutzer. Die Branche ist gespannt ob allein der Vorteil beim Geldwertenvorteil noch attraktiv genug ist, denn die privaten Kunden scheinen nun die Autos länger zu halten und ersetzen sie nicht mehr so schnell durch einen jungen Gebrauchten oder Neuwagen.
Wie schlecht die Stimmung innerhalb der Mercedes Händler ist hatte jesmb bereits am Samstag berichtet:
„Vollgas gegen die Wand“ war der Tenor der Mercedes Händler zur aktuellen Lage.
2 Responses
d’Leit werdet beim Schwarzbrot wiader gsond…saget mir Schwoba 🙂
Hallo zusammen, die derzeitige Modell- und Preispolitik von Mercedes verwundert schon etwas. Dass bei der bestehenden Kaufzurueckhaltung die Haendler Alarm schlagen, ist nicht verwunderlich. (Preispolitik!!) Einen SL 43 AMG mit einem 2,0 Liter 4 Zylinder Motor anzubieten, ist schon verwegen.
1987 hatte der damalige Babybenz (190er Einspritzer) denselben Hubraum mit ebenfalls 4 Zylinder! Okey, er hatte deutlich weniger Leistung/PS.
Da bin ich wirklich froh, einen SL 350, R 230 aus 2007 zu besitzen. 6 Zylinder V Motor, 3,5 Liter Hubraum. Grüsse Bernd